Über uns

Allzuviel wissen wir nicht über früheres Brauchtum in unserem Dorf. Auch über die frühere Kerwe ist uns nicht viel bekannt. Zwei Tatsachen treffen hier aufeinander: Erstens wurde wenig aufgeschrieben, und zweitens wurde, auf Grund der Ordentlichkeit unserer Bürger, viel weggeworfen.

 

Dem Ursprung und damit dem nachweisbaren Alter der "Angellocher Kerwe" nachzuspüren, steht deshalb das Fehlen jeglicher konkreter Unterlagen im Wege. Offen bleibt auch, wie weit sich dieser Brauch mit einer Kircheneinweihung und einem sich anschließenden Volksfest in Zusammenhang bringen lässt. Es dürfte sich eher um eine Übernahme von Sitten und Gebräuchen aus dem 'Kleinen Odenwald' han­deln, denen man ein "dorfeigenes" Gepräge gab. Dass es sich um ein Fest mit mehr als hundertjähriger Tradition handelt, wurde von unseren Vätern, Groß- und Urgroßvätern münd­lich überliefert. Im Lauf der Jahrzehnte sind seit dem vorigen Jahrhundert allerlei Abwandlungen eingetreten. Dies war mitunter bedingt durch die Folgen zweier Weltkriege und die Einbuße vieler junger Leute, die ja Traditionsträger waren.

 

Man kannte früher, in unserem rein landwirt­schaftlich orientierten Dorf ohne nennenswerte Verkehrsanbindungen, drei Feste im Jahr mit Musik und Tanz. Das waren: der 1. Mai, die Kerwe und das Erntedankfest. Dabei lag die Kerwe an der Spitze. Ihr fester Termin war der 3. Sonntag im September. Die Kerwe hatte einen Vor- und Nachsonntag im Volksmund "Ansaufkerwe und Absaufkerwe" genannt. Man grenzte damit Anfang und Ende ein.

 

Auch bei uns, (in Gauangelloch) wurde damals die Kerwe in den 'Wertschafte' (Gasthäusern) gefeiert. Zunächst war es der "Schwanen", der über eine Tanzfläche verfügte, und später kam dann die "Alp" (sie war früher im Hinterdorf) dazu. Die "Jägerlust" verfügte über keine Tanzmöglichkeit. Sie hatte ihren guten Ruf als ausgesprochene und beliebte Speisegaststätte. Neben dem Tanzvergnügen prägten das hand­betriebene Karussell (wegen der Holzpferde auch "Reitschul" genannt) die Süßwarenstände und Schießbuden das Gesicht der Kerwe. Da jede Wirtschaft ihre Stammborscht (Stammburschen) hatte, entstand in der Kerwevorbereitung und deren Ablauf eine beachtliche Konkurrenz. Die Kerweborscht schnitten in der Woche zum Hauptfest frisches Tannengrün, aus dem die Kerwemädchen einen Kranz flochten, der die Eingangstür ihres Stammlokales schmückte. Neben der Kerwe-Weinprobe, vom Wirt gestiftet, zahlten die Kerweborscht ihren Kerwemädchen den weiteren Bedarf des aus­gesuchten Tropfens.

 

Am Kerwesonntag zogen die Burschen unter Musikbegleitung und mit einem Krug Wein oder Most durchs Dorf und holten ihre Mädchen zum Tanz ab. Wer sich von den Angellochern das ganze Jahr über den Gang in die Wirtschaft nicht leisten konnte, ließ sich dieses Vergnügen an der Kerwe nicht nehmen. Geschäftsleute, Handwerker, Verwandte und Bekannte mit Kind und Kegel gaben sich ein Stelldichein. Dabei wurde über Vergangenheit und Vorkommnisse in der Gegenwart, über persönliches Ergehen und allgemeine Fragen gesprochen, kurz und gut, es gab noch keine „Hektik". Die freimütige Preisgabe von Episödchen würzte die Unterhaltung. Trotz der Arbeit wurde auch der Montag zum Feiertag.

 

Am Kerwedienstag wurde die "Schlumpel" als Zeichen der Trauer um das Ende der schönen Tage öffentlich verbrannt. Trotzdem blieb noch die Freude auf die "Absaufkerwe", wo sich Burschen und Mädchen wieder im Stammlokal trafen. In diesem Falle waren der Stammwirt oder die Wirtin die Gastgeber, um so gemein­sam ein gemütliches Ende der turbulenten Kerwetage zu finden. Nicht selten waren die Mädchen der Kerweborscht in Besucherspitzen als Bedienungen eingesprungen.

So war es Früher. ‑

 

Auch nach dem 2. Weltkrieg stand der Kerwetanz im Mittelpunkt des Kerwetreibens in Gauangelloch. Erste bescheidene Umzüge wur­den durchgeführt, jedoch wurde, wie bereits erwähnt, nichts dokumentiert. Deshalb ließen sich die Fotografien der "Anfangszeit" auch nicht genau zuordnen.

 

Im Jahre 1956 trafen sich dann ein paar junge Burschen um die Angellocher Kerwe auszurich­ten. Aus dieser Vereinigung entstand dann spä­ter der Verein

 

"Angellocher Kerweborscht" Verein zur Brauchtumspflege,

 

der sich seitdem um die Organisation und die Ausrichtung des Kerweumzuges kümmert. Was man sich früher beim Tanz, beim fröhli­chen und gemütlichen Beisammensein an Neuigkeiten zu erzählen wußte, wird heute sym­bolisch in der "Kerwerede" und durch die Kerwewagen in Wort und Bild wiedergegeben. Der Kerweumzug ist gleichbedeutend mit dem früheren Abholen der Mädchen und der Bevöl­kerung mit der freundlichen Einladung, sich auf dem Kerweplatz einzufinden. Der "Herr der Kerwe", der "Kerwebürgermeister" präsentiert der Öffentlichkeit die "Kerweschlumpel" als eigentliches Kerwesymbol. Die Verbrennung der Kerweschlumpel, als Zeichen der Trauer um das Ende der schönen Tage, und Mahnung an die nun wieder beginnende Alltags- und Arbeitspflicht, rundet das Kerwebrauchtum ab. Die "Einborschtung", (die in Angelloch noch öffentlich durchgeführt wird), jene "Mutprobe", um dem illustren Kreis der Kerweborscht beizu­treten, ist bereits ein Vorgriff auf die nächstjäh­rige Kerwe. Dabei wird die "Tauglichkeit" der nächsten Kerweborschtgeneration geprüft. Hierbei müssen die 'Mutigen' erst einen halben Liter Bier in einem Zug austrinken, danach einen Schnaps und zum Schluß stecken sie sich eine Zigarre an. Wenn die meist jungen Burschen (Mindestalter 16 Jahre) die Mutprobe bestan­den haben, sind sie in den Kreis der "Angellocher Kerweborscht" aufgenommen.

 

Das Kerwetreiben hat sich natürlich auch bei uns mit der Zeit verändert. Wurde 1956 noch im "Schwanensaal" gefeiert, so feiern wir heute das "Fest der Feste" im Festzelt und in Vereinsständen in der Dorfesmitte.

 

Im Zuge der Eingemeindung nach Leimen und dem Terminkonflikt zur dortigen Kerwe, der heutigen "Weinkerwe" wurde der Angellocher Kerwesonntag neu fixiert, und zwar auf den letzten Sonntag im August.

 

Das Kerweprogramm wurde auch um einen festen Bestandpunkt, dem "Kindernachmittag" erweitert. Er wird schon seit längerem in Eigenregie von unserem Verein durchgeführt. Hierbei werden verschiedene Spiele für ver­schiedene Altersklassen angeboten. Als Höhe­punkt findet dann ein Luftballonwettbewerb statt, dessen Gewinne und Preise von unserem Verein gestiftet werden.

 

Schwere Zeiten hatten wir Angellocher Kerwe­borscht zu durchleben, als anfangs der 80er die Leimener Verwaltung mehrfach versuchte das Angellocher Kerwebrauchtum neu zu erfinden und an das Leimener Weinfest anzugleichen.

 

Doch wir Kerweborscht, die wir uns schon in unsere Satzung geschrieben hatten: "Zweck und Aufgaben des Vereins sind, Pflege und Förderung des lokalen Brauchtums, vor allem der Kerwe", haben das Brauchtum bis heute erhalten und wollen dies auch in Zukunft tun. 

 

Außerdem wird von uns jedes Jahr am 30. April symbolisch ein Maibaum in der Ortsmitte aufgestellt.

 

Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen, in immer anonymer werdenden Zeiten die Dorfgemeinschaft und das gesellige Miteinander im Ort aufrecht zu erhalten und zu fördern.

 

Hierzu haben wir, nachdem wir 2008 das vom Verfall bedrohte 100 Jahre alte „Pumphäusel“ renoviert und 2009 dann ausgebaut hatten, ein Pumphausfest für die Gauangellocher Bevölkerung ins Leben gerufen, weil das Pumphäusel seit jeher ein beliebter Treffpunkt für die Gauangellocher war und ist.

 

Außerdem werden von uns zu Fußballwelt- und -Europameisterschaften „Public-Viewings“ organisiert.



Daß wir dieses Brauchtum bis heute haben erhalten können, verdanken wir vor allem der ehrenamtlichen Tätigkeit unserer Mitglieder. Einige opfern sogar einen Teil ihres Jahresurlaubes um z.B. die Betreuung am Kindernachmittag zu übernehmen oder beim Zeltabbau am Dienstagmorgen zu helfen.

 

Wir setzen die Wahrung der Tradition fort, die wir von unseren Vätern übernommen haben. Da unser Verein große Unterstüzung in der Bevölkerung findet, ist zu hoffen, daß das Kerwebrauchtum auch von unseren Söhnen, Enkeln und Urenkeln fortgeführt wird.

Hier finden Sie uns

Angellocher Kerweborscht

Hauptstraße 79

69181 Leimen

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